Warum HFR die Zukunft des Kinos ist

HFR bedeutet High Frame Rate, zu Deutsch “hohe Bildwiederholrate”. Damit sind Kinofilme gemeint, die mit mehr als den üblichen 24 Bildern pro Sekunde gedreht wurden. Außerhalb des Kinos ist das keine Seltenheit. Im Kino wiederum gab es bisher nur die Hobbit-Trilogie in HFR (3D, 48p), sowie Ang Lees Billy Lynn und sein neuestes Werk Gemini Man (beide 3D, 4K, 120p, in den Kinos meist 24p, selten 60p). Im folgenden geht es um die UHD, die 2D 60p bietet. Auf BD sind nur normale 24p in 2D und 3D erhältlich. Einmal mehr lohnt sich ein UHD-Player auch bei einem Full HD Beamer.

Eines vorweg: Ich liebe Filme, alte Filme, Filmlooks, filmische Stilmittel. Alte Stummfilme mit 18fps, Humphrey-Bogart-Filme schwarz-weiß in 4:3, Spaghetti-Western in Cinemascope, Filme die ganz offensichtlich die Erfindung des Zoom-Objektives nutzen, brutal körnigen 16-mm-Look wie in „The Wrestler“, übertriebene Technicolor-Farben, 80er-Jahre Horrortrash auf VHS und vieles mehr. Oft wurden filmische Stilmittel fragwürdig oder absichtlich gegen die Erwartungen eingesetzt. Musste Woody Allens „Matchpoint“ aus dem Jahre 2006 tatsächlich noch Mono sein? War der moderne Fernsehlook durch die Verwendung von TV-Kameras für den Mafiafilm „Public Enemies“ wirklich ein Gewinn? (Zumindest besser als bei Episode 1.)

Nicht alle Stilentscheidungen der Regisseure und Kameraleute kann ich nachvollziehen, würde aber nie den Filmemachern absprechen, das selbst entscheiden zu dürfen. Ich freue mich aber, dass es die Vielfalt gibt. So kam es auch, dass Ang Lees erster UHD-HFR-Film Billy Lynn tatsächlich meine erste UHD-Scheibe war, die ich mir sogar extra-früh aus den USA mitbringen ließ. Das musste ich einfach gesehen haben.

Warum überhaupt HFR?

Seit den 1920er-Jahren hat sich 24p (p = progressive Vollbilder) als die Kinobildfrequenz etabliert. Da Filmmaterial sehr teuer ist, kostet jedes Frame Geld, was dazu führte, dass die eine möglichst geringe Bildrate gewählt wurde. Die ruckeligen Stummfilme noch früherer Zeit waren in geringerer Framerate, meist 18p. Das war auch für die sehr niedrig empfindlichen Filmemulsionen von Vorteil, da es so eher möglich war jedes Bild mit genügend Licht zu versorgen. Für die nötige Tonspur der Tonfilme waren 18p zu wenig Material und so wurde auf 24 Bilder pro Sekunde erhöht. 24p wurde zu einem sehr soliden Hardware-Standard, den jedes Kino der Welt abspielen konnte und somit unumgänglich war.

24 Bilder pro Sekunde waren niemals die Grenze der menschlichen Wahrnehmung, wie oft argumentiert wurde und teilweise immer noch wird. Wäre dies so, dann gäbe es zum einen kein HFR, zum anderen keine Gegner dieses Looks. Je nach Helligkeit, Kontrast und Bewegung ist der Mensch in der Lage bis über 120p Unterschiede festzustellen. Danach bringt es kaum noch etwas, die Framerate zu erhöhen. Gamer kennen diese magische Grenze. Mit 24p spielt sicher keiner freiwillig ein Actionspiel. In vielen Bereichen der Live-Übertragung von Kamerabildern, wie z.B. in der Medizintechnik hat sich 60p als sinnvoller Kompromiss für hinreichend flüssiges Video etabliert. Um hohe statische Auflösung wie 4K sichtbar zu machen muss der Bildinhalt entweder sehr ruhig sein oder die Framerate hoch, sonst kommt es zu Bewegungsunschärfe oder Ruckeln, was beides einem Auflösungsverlust gleich kommt.

Der sichtbare Fortschritt einer höheren statischen Auflösung wurde in diversen Vergleichsstudien dem Vorteil einer höheren Bildrate gegenübergestellt. Ganz klar besteht bei der Framerate stärkerer Nachholbedarf. Man könnte sogar sagen, dass 8k oder bereits 4k in 24p meist sinnlos ist. Wer erstmals eine HFR-UHD anschaut, wird baff sein, zu was der eigene Fernseher oder Beamer fähig ist.

24p = Kinofilm?

Ja, nur 24p sieht aus wie ein traditioneller „good ol‘ movie“, HFR nicht. Auch der Farbfilm wurde lange als niveaulos-realistisch angefeindet. Obwohl „Vom Winde verweht“ aus dem Jahr 1937 bereits in Farbe gedreht wurde, war für viele noch bis in die 60er-Jahre hinein ein „richtiger Film“ ausschließlich in Schwarz-Weiß. Erst in den 70er-Jahren wurden Kinofilme mehrheitlich in Farbe gedreht.

Doch der Farbfilm war nicht die erste technische Neuerung, die nicht nur auf Gegenliebe stieß. Auch bei Einführung des Tonfilms gab es massiven Protest.

Ein Flugblatt des deutschen Musikerverbands, der vor den Gefahren des Tonfilms warnen wollte.
Der deutsche Musikerverband warnte vor den Gefahren des Tonfilms.

Doch die Zeiten ändern sich: Der aktuelle marvelisierte cineastisch–ignorante Durchschnittsgucker lehnt Filme in Schwarz-Weiß mittlerweile als alt und langweilig kategorisch ab.

Immersion vs. Filmlook

Für Filmemacher gibt es visuell zwei große Ziele, die sich nicht unbedingt ausschließen. Der Film soll entweder möglichst „filmisch“ aussehen oder immersiv sein, d.h. den Zuschauer mitten ins Geschehen ziehen und alle Stilmittel vergessen lassen. „Filmlook“ kann dabei Vieles bedeuten.

  • Cinemascope
  • unnatürliche Technicolor-Farben
  • anamorphe Lensflares
  • Filmkorn
  • Filmdreck (wie beim digital gedrehten (!) Planet Terror)
  • oder eben 24p-Ruckeln

Die meisten Aspekte von Filmlooks basieren auf technischen Unzulänglichkeiten früherer Zeit. 24p ist Bestandteil jeden Filmlooks und damit für Filme die in irgendeiner Weise wie ein „good ol‘ movie“ wirken sollen unerlässlich. Ein Tarantino-Film (Zitat Kameramann Bob Richardson: „In seinem Wortschatz existiert das Wort ‘digital’ nicht.“) ohne 24p? Undenkbar. (Mit Neuem hat es Tarantino ja generell nicht so, könnte man etwas böse anfügen.)

Aber was ist das für ein schräges Argument, dass Filme nicht echt aussehen dürfen!? Da hat sich etwas ungut verselbstständigt. Ein großer Teil der Filme will nicht oldschool oder retro sein. Für diese Filme sollte das “Stilmittel HFR” jedem zur Verfügung stehen, was leider Stand heute nicht der Fall ist. Ich stelle mir gerade vor, wie ein Regisseur seinen Produzenten vorschlägt, in HFR zu drehen und diese ihn fragen, ob denn schon der erste April wäre. Die HFR-Option haben heute nur ganz wenige Regie-Superstars. In diesem Sinne bin ich sehr froh dass Ang Lee auch schon diverse Auszeichnung rein für seine technische Pionierarbeit bekommen hat. Traurig, dass es seit 2012 nur eine Hobbit-Trilogie und zwei Ang Lee Filme in HFR gab. Vielleicht kann James Cameron ja mit Avatar 2 das Ruder herumreißen?!

Mit HFR als Wahlmöglichkeit meine ich nicht einmal das „Crazy-4K-120p-3D-HFR“ von Ang Lee, das in dieser Form leider weltweit fast nirgends zu sehen ist. Einfaches 48 oder 60p würde mir zunächst schon reichen. Wobei die 120p für die Aufnahme eine clevere Multiformat-Wahl sind. Ohne 3/2-Pulldown-Ruckeln lässt sich problemlos aus jedem zweiten Bild 60p erzeugen, jedes fünfte Bild ergibt glatte 24p.

Auffällig und immersiv?

Ja, HFR ist oft dermaßen ungewohnt, dass es auffällt. Als ich den ersten Hobbit mit HFR im Kino sah, war ich gespannt, ob der Effekt überhaupt sichtbar wäre. Die Frage wurde in der ersten Sekunde pulverisiert. Den Film fand ich zwar mäßig, aber die HFR-Optik phänomenal! Ich konnte mich kaum einkriegen, ja, das war ungewohnt.

Das ist es was die HFR-Gegner wohl am meisten stört: Der Look ist ungewohnt, was leider erst einmal das Gegenteil von immersiv ist. Dieses Argument kann ich voll nachvollziehen, weshalb ich mir in naher Zukunft auch lange nicht alle Filme in HFR wünschen würde. Es wirkt paradoxerweise noch zu echt.

Dazu fällt mir ein Vortrag der Macher des 3D-Films „Wickie und die starken Männer“ ein. Die schauten sich zur Vorbereitung ganz viel 3D an und waren dann ganz irritiert, zwischendurch andere Filme ungewohnt flach in 2D sehen zu müssen. Will heißen, ein HFR-Film in 5 Jahren ist für einen Gewöhnungseffekt dann doch etwas zu wenig. Meine Einschätzung ist, dass bei gleichem Angebot 24p und HFR schnell 24p als unnormal angesehen würde. So wie viele, die erst später bei ihrem neuen Fernseher die FI (Frame Interpolation, Zwischenbildberechnung) entdecken und abschalten, auf einmal das ungewohnte 24p-Geruckel beklagen.

Soap-Operatataaa

Schaut man sich die Debatte über HFR an, dann fällt die ungleiche Bewaffnung mit Kampfbegriffen auf. Während Befürworter und thematische Neueinsteiger mit dem blassen Akronym „HFR“ und technischen Erklärungen vorlieb nehmen müssen, haben die Gegner eine gewaltige, emotionale Wortkeule zur Hand, den Soap-Opera-Effekt (diese liegen häufig in 50 oder 60p vor). Gibt es auf der Welt etwas Schlimmeres als Seifenopern? Der filmische Bodensatz, zum Fremdschämen. Da muss man schon gute Argumente haben, sich zu trauen, dagegen zu argumentieren. Wer thematisch und emotional weniger gefestigt ist, der läuft in der Anti-HFR-Fraktion jedenfalls weniger Gefahr sich zu blamieren.

Dass Tom Cruise ebenfalls ins Soap-Opera-Horn bläst macht es nicht besser. Wobei man fairerweise sagen muss, dass er sich genaugenommen für einen „Filmmaker-Mode“ im TV einsetzt, der Algorithmen, die den beabsichtigten Filmlook stark verändern, deaktiviert. Ein Vorhaben was nur zu begrüßen ist und auch einen HFR-Film in seiner Framerate beließe – weshalb auch Ang Lee den Filmmaker-Mode unterstützt.

FI: Zwischenbildberechnung

Viel verbreiteter als HFR ist die Frame Interpolation, kurz „FI“, die im Anzeigegerät (TV, Beamer) selbst errechnete Zwischenbilder einfügt, um den Film flüssiger wirken zu lassen. Prinzipiell finde ich es verwerflich, die künstlerische Absicht der Filmemacher vom TV vollautomatisch verändern zu lassen. In einen Breitbild-Film hineinzuzoomen, nur damit „die Glotze voll ist“, käme mir nie in den Sinn. Ich will die Bildgestaltung der Filmemacher sehen. Leider handelt es sich bei 24p aber nicht um eine Wahl, die der Regisseur hatte.

Da ich die Nebeneffekte der FI leider sehr schnell sehe, bleibt sie bei mir meist ausgeschaltet. Dass jede noch so gute FI echtem HFR unterlegen ist, sollte klar sein. Warum lassen die TV-Hersteller FI im Auslieferungszustand eingestaltet? Weil sie in Studien ermittelt haben, dass das dem Kunden gefällt. Man kann das kritisieren und anmerken, dass auf solche Weise bunte und überschärfte „Shop-Modi“ entstehen. Was man daraus aber auch ableiten kann ist, dass es durchaus eine sehr hohe Akzeptanz für flüssige Bilddarstellung gibt, auch wenn in nerdigen „Soap-Opera-Debatten“ oft ein anderer Eindruck entsteht.

Der Überbringer der Botschaft wird gehängt

So ist das, wenn HFR schlechte Effekte und schlechte Schauspielerei enttarnt. Absurd. Die Effekte sind Schrott? Dann sollen sie halt besser werden! Es lebe der Fortschritt! Das erinnert mich auch an die Debatte zur „HD-Schminke“. Das vorher ausreichende, grobe Makeup für SD-TV-Produktionen war mit Einführung von HD auf einmal zu grob, spezielle „HD-Schminke“ kam auf den Markt.

Natürlich kann HFR schlechte Effekte enttarnen. Wer Sicherheit will, greift am besten zur DVD, die verzeiht noch deutlich mehr. Dass Schauspiel in 24p besonders filmisch wirkt, scheint logisch und erinnert mich an die Anekdote eines Tonstudio-Betreibers. Ein Künstler war mit der fertigen Aufnahme nicht zufrieden, konnte aber nicht benennen woran es lag. Als der Toningenieur dann den Song als 128-kbit-MP3 abspielte, war der Künstler begeistert. „Sounds like a record,“ war sein Kommentar. Für den audiophilen Künstler war ein kommerzieller Hit offenbar mit dem Sound einer stark komprimierten MP3 verbunden.

Auch eine Theorie zur deutschen Synchronspur kommt mir dazu in den Sinn. Die Mehrheit der „Deutschgucker“ findet synchronisierte US-Schauspieler deutlich filmischer, als deutsche Schauspieler, die ja zwangsläufig nicht synchronisiert werden mussten. Die Theorie dazu lautet, dass der saubere, trockene Synchronisationsklang und die typische Synchronisationssprache von übersetztem Englisch mit Redewendungen wie „Was zur Hölle?!“ vom Publikum als „so hört sich ein Film an“ erlernt wurde. Die eigentlich sprachlich viel authentischeren deutsch-deutschen-Filme werden daher als weniger filmisch wahrgenommen. Da ich vor vielen Jahren bei englischsprachigen Filmen auf den O-Ton umgestiegen bin, kann ich berichten, dass der erlernte Eindruck sich auch ändern kann. Nun wirkt für mich das englische Original immer viel authentischer.

Ihr seht, worauf ich hinaus will: Nicht jedes Schauspiel muss bis in alle Ewigkeit durch 24p „filmisiert“ werden, auch wenn HFR zunächst paradoxerweise echt ungewohnt aussieht.

24p-Look in HFR

Bei ruhigen Schauspielszenen sorgt 24p nicht für sichtbares Geruckel, aber für einen anderen Look als HFR, ein filmisches „gewisses Etwas“. Bei Schwenks über Landschaften oder in Actionszenen kann 24p wiederum schon fast zur Diashow mutieren. HFR könnte hier eine starke Verbesserung bewirken. Innerhalb eines HFR-Films könnte der 24p-Look damit problemlos kombiniert werden. James Cameron macht sich zu Avatar 2 gerade ähnliche Gedanken. Dialoge beispielsweise in 24p, Landschaftstotalen und Action in 48p (bzw. 30p/60p). Das ganze abgelegt im HFR-Format, also bei der „24p-Simulation“ 2x hintereinander das gleiche Bild.

Multi-Framerate-Film: The LEGO Batman Movie.
Copyright: Warner Brothers

Das ließe sich so sogar für verschiedenen Objekte innerhalb desselben Bildes getrennt handhaben. Der Hintergrund in flüssigem HFR, im Vordergrund Schauspieler mit „24p-Zauber“. Das klingt abgefahren, wird aber bereits in 24p praktiziert. Die computeranimierten LEGO-Animationsfilme beispielsweise nutzen für die Figuren oft niedrigere Frameraten, meist 12p, wodurch der Charme alter handgemachter Stop-Motion-Legofilmchen entsteht. Hintergründe, Kamerafahrten etc. sind in (relativ) flüssigem 24p zu sehen. Ebenso bei den Steinwesen im Film „Noah“. Diese wurden auch oft absichtlich als 12p dargestellt, um den Charme alter Stop-Motion-Effekte wie bei den ersten Star Wars-Filmen oder Tanz der Teufel zu bekommen.

Neue Filmkunst

HFR erweitert die filmischen Möglichkeiten erheblich. Eine viel schärfere, echtere Darstellung ist möglich, rasantere Action ebenfalls. Ein Beispiel dafür ist die Laser-Maschinengewehr-Schießerei am Ende von Gemini Man. Ein neuartiger Filmgenuss mit dem Höhepunkt des zerberstenden Wassers bei 01:29:40. Während die leuchtenden Schüsse in 24p wie das altbekannte Blitzlichtstakkato daherkommen, sieht dass in HFR wunderschön schnell und weich aus, da ist Ang Lee wirklich etwas Herausragendes gelungen.

Superkrasse HFR-Optik: Gemini Man UHD bei 01:29:40.
Copyright: Paramount

Sollte sich HFR durchsetzen, wovon ich als Optimist ausgehe, dann kann ich mir vorstellen, dass wir bei Action-Filmen später einmal von einer Vor- und Nach-HFR-Ära reden werden. Nicht lange wird es dauern, das SFX-Niveau voll HFR-tauglich zu machen. Dann heißt es „alte Ruckel-Action“ gegen voll-immersive, rasante Action der filmischen Neuzeit.

Absichtlich wieder ruckelig machen, absichtlich unscharf machen, absichtlich grobkörnig machen geht natürlich immer. Die Filmemacher werden das wählen, was sie für richtig halten. Sogar möglich, dass die TV-Hersteller einen extra Ruckel-Modus einbauen um HFR auf 24p zu drosseln. Oder der 24p-Nostalgiker kauft einfach die BD, die höchstwahrscheinlich wie bei Gemini Man ein 1080-24p-Medium bleiben wird.

Welche Filme sollten in HFR sein?

In 20 Jahren könnte ich mir tatsächlich 80% der Filme in HFR vorstellen. Eben alle die, die nicht explizit auf die Filmgeschichte referenzieren. In jüngerer Vergangenheit hätte ich mir z.B. Alita, Jumanji oder auch Ready Player One sehr gut in HFR vorstellen können. Vielleicht auch ein theatrales Kammerspiel wie „Der Vorname“. Animationsfilme und die ganzen Hochglanz-Naturdokus „Unsere Erde/Welt/Planet“ sowieso.

Meine Meinung zum HFR in Gemini Man

Nach der ganzen Theorie nun die entscheiden Frage: Gefällt mir persönlich das HFR in Gemini Man?

Ganz klares Ja! Die immer wieder eingestreuten Helikopteraufnahmen, wenn z.B. das Boot von oben nach unten durchs Bild fährt, sind wunderschön flüssig. Sämtliche Unterwasseraufnahmen, wenn Leichen ins Wasser platschen, sehen einfach nur besser aus ohne zu irritieren. Die näheren Aufnahmen bei Nachtszenen (z.B. Militär schleicht sich an) sehen auch schön flüssig und filmisch aus.

Einige Dialogszenen hingegen sehen zugegebenermaßen etwas seltsam aus, wobei das interessanterweise je nach Darsteller unterschiedlich ausfällt. Will Smith scheint mir bereits in seinem Schauspiel „HFR-tauglich“ zu sein, andere weniger. Nebenbei erwähnt fand ich die digitale Version von Will Smith zwar nicht 100% nach Will Smith aussehend, aber absolut überzeugend. Da war ich positiv überrascht (abgesehen von der letzten Szene auf dem Campus, Schwamm drüber).

Szenen, in denen Personen in der Totalen durch helle, bunte All-Inclusive-Hotels schlendern, sehen teilweise auch nach TV-Demomaterial aus. Das liegt aber nicht nur an HFR, sondern wesentlich am genannten Setting und Color Grading.

Absolut überragend sind erwartungsgemäß die Actionszenen. Dass die Motorräder etwas zu schnell fahren, ändert sich auch in 24p nicht. Der Hinterrad-Roundhouse-Kick ist wiederum skurril-genial. Die schon genannte Laser-Maschinengewehr-Schlacht am Ende ist für mich ein visueller Hochgenuss, den man einfach in HFR gesehen haben muss!

Da ich an den Film als solchen aufgrund der mäßigen Kritiken nur geringe Erwartungen hatte, wurde ich positiv überrascht und fühlte mich zwei Stunden insgesamt gut unterhalten. Meine Mitgucker fanden das HFR übrigens zwar ungewohnt und teils sogar seltsam, sie attestierten aber insgesamt gesteigerten Realismus und ein verbessertes Filmvergnügen, für das sie sogar im Kino einen Aufpreis zahlen würden.

Stillstand ist tödlich

Jede Kunstform muss sich weiter entwickeln, sowohl inhaltlich, als auch technisch. Eine Kino-Filmindustrie, die sich in musealer Art und Weise um sich selbst dreht, verliert ihre Daseinsberechtigung. Wir Qualitäts-Fanatiker würden auch nicht glücklich, wenn die Industrie den (Heim-)Kinomarkt als innovationsfeindlich abhaken würde.

Kino war schon immer technisch führend und musste sich immer wieder von Fernsehen und Anderem abheben. Im Digitalzeitalter wo die teure Filmrolle als wirtschaftliches 24p-Argument weg fällt, muss sich HFR im Kino etablieren. Es darf nicht passieren, dass das Kino mit antiquiertem 24p-Ruckeln zum Retro-Erlebnis verkommt, während sich der Fortschritt anderswo abspielt. HFR muss jedem Kino-Filmemacher als modernes Stilmittel zur Verfügung stehen. Ich vertraue voll darauf, dass Kameraleute und Regisseure dieses weitere Stilmittel im Sinne ihrer künstlerischen Absicht einsetzen und kein HFR-Verbot oder Soap-Opera-Sprechchöre brauchen.

Die Gemini-Man-HFR-UHD gehört daher ebenso wie Billy Lynn in jede Filmsammlung. Wenn nicht zu den Lieblingsfilmen einsortiert, dann doch zumindest in die Kategorie “Referenzfilme und technische Meilensteine”. Avatar 2 und 3 und viele weitere Filme in HFR sind dort ebenfalls herzlich willkommen!


Eine sehr ausführliche Rezension zu Gemini Man findest du auf der Seite von Timo Wolters wo auch sein Statement gegen HFR zu lesen ist.

Bist du Freund oder Gegner von HFR? Schreib es gerne mit Begründung in die Kommentare!

Über Florian Schäfer

Seit seiner Kindheit film- und technikbegeistert, später Fotograf, Kameramann, Musiker, Cineast und Audio-Video-Universaltechniker. Beruflicher Weg vom Mediengestalter Bild- und Ton über Medientechnik-Ingenieursstudium zu 3D-Filmkamera-Technik und Industriekameras. Baut als DIY-Heimwerker u. A. Lautsprecher, Instrumente, Kamera-Spezialkonstruktionen, und natürlich ein eigenes Heimkino namens „Saal 3“.

11 Gedanken zu „Warum HFR die Zukunft des Kinos ist

  1. HFR und 4K HDR 3D, 3D Sound – das ist ein Traum!
    Einer der Hauptgründe gegen HFR sind die Mehrkosten, die die Studios investieren müssten. Die VFX Kosten steigen enorm, siehe Digital Intermediate 2K auch für neue 4K Filme

      1. …. Weil meines Wissens die Produktion von 3D fähigen panels komplett eingestellt wurde und es somit bald ausgestorben sein wird. Bei HFR geht es um den Vorteilvon 60 fps. Nicht um 30je Auge.

  2. Über die Möglichkeit vom machbaren und über unsere Gesellschaft bezüglich Gewinnoptimierung und Geiz ist Geil könnte man Stundenlang diskutieren.

    Fangen wir an :

    Zu 3D: Das wird leider langsam aber sicher zum Grabe getragen!

    Neue Fernseher gibt es nicht mehr.
    Inzwischen gibt es erste Filme die man im Kino in 3D sehen konnte, von denen man aber keine 3D BluRay kaufen kann.
    Es ist nur eine Frage der Zeit bist keine neuen Filme in 3D produziert werden.

    Dabei ist das D3 inzwischen so richtig gut geworden, vorausgesetzt man hat das richtige Equipment.
    Alita, Ready Player One, Die Marvel Filme, Die Disney Live Action Filme und die Animationsfilme in 3D alle ein Traum.

    Aber es wird bald zu Ende gehen! Warum?

    Das ist kompliziert: Am Anfang waren die Filme noch nicht so gut, viele Kinos mussten aufrüsten und hatten/haben mäßige bis schlechte Qualität. Das ist den Leuten aufgefallen, und die meisten fingen über die 3 Euro Aufpreis zu meckern.
    Und für Zuhause ist es den meisten zu Teuer. Man muss das Equipment und die Scheiben kaufen, dazu Brillen. Da machen nur Liebhaber und Fans mit, der Rest nicht.
    Da das Geschäft mit 3D nicht richtig vorwärts kam, dachte man, sparen wir es uns die Fernseher damit auszurüsten… und ab hier wird es zu Ende gehen….

    Zu den UHD‘s: Die werden sich nicht lange halten! Warum?
    Weil sie den Leuten zu Teuer sind! Es reicht doch ne BluRay oder DVD oder am besten gleich Streamen…
    Eventuell könnten die Fans und Sammler sie retten, aber das wird auch nicht Passieren! Warum?
    Weil die UHD nicht das bittet was Sie bitten sollte: Die beste Qualität. Aber ich kann die UHD‘s nicht mehr zählen, auf denen der deutsche Ton nur in DD oder in DTS drauf ist während man bei iTunes eine Deutsche Dolby Atmos Spur bekommt! Und so fängt der Fan oder Sammler doch noch mit dem Streamen an…

    Zu HFR: Finde ich gut.
    Lasse bei meinem Beamer die Zwischenbilder auch auf ner leichten Stufe zwischenberechnen. Aber das Interessiert die meisten nicht. Der Vorreiterfilm ist gefloppt. Die meisten Kinos haben den nicht in der entsprechenden Qualität zeigen können. Dem Standardmenschen ist es komplett entgegen das der Film was besonderes sein sollte…
    Vielleicht läuft es mit Avatar 2 / 3 / 4 besser. Aber auch dann wird es Jahre dauern bis es öfter Filme in HFR gibt.

    Zu Kinos: Es sieht nicht so gut aus.
    Die sind angeschlagen. Eigentlich müssten sie die Spitze des technisch machbaren zeigen, die Referenz sein.
    Aber man muss lange suchen um ein vernünftiges Kino zu finden. Ich vermute das viele Leser dieser Seite ein weitaus besseres Kinoerlebnis zu Hause haben als es ihnen das öffentliche Kino bieten kann. Und warum?
    Weil die Kinos zu große Abgaben an die Filmstudios zahlen müssen. Und kaum was überbleibt um aufzurüsten und um Leute anzustellen die auch Filme lieben und sich mühe geben (z.B. bei Bild und Toneinstellung).

    Sorry dass ich das alles hier etwas negativ beleuchte, aber es nervt einfach wie man sieht, dass so vieles im Moment schief geht. Dabei lieben wir alle gute Filme und Kino, und würden uns wünschen dass das was möglich ist, auch wirklich gut umgesetzt wird…

    1. hallo Kotzur Marek, finde ich gut, dass du neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen bist! Ich kann deine Argumente alle nachvollziehen, auch wenn ich das insgesamt weniger düster sehe. Ein Punkt stimmt aber glücklicherweise nicht, die Einnahmen der Kinos sind nicht rückläufig, sie steigen sogar. Was natürlich nichts daran ändert dass Heimkino-Freaks wie wir zu Hause meist besseren Bild und Ton haben.

    2. Eine Anmerkung zu deinem Kommentar zu den Kinos.

      Ich lebe an der Grenze zu den Niederlanden und gehe seit Jahren nur noch dort ins Kino. Zum einem, weil ich deutlich lieber in Original Sprache Filme und Serien sehe, was in Holland praktiziert wird.
      Zum anderen muss man aber auch sagen, dass die meisten Kinos in Holland auf dem aktuellem Stand der Technik sind. Was dort Bildtechnisch und vor allem beim Ton geboten wird ist eine andere Galaxy im Vergleich zu den meisten Deutschen Kinos.

      Und ich nehme an, das die Abgaben auf dem selben Level sind wie in Deutschland.

    3. Ganz meine Meinung. Ich weiß aus erster Hand dass die Kinos am Film kaum was verdienen weil die gierigen Filmstudios feste zulangen… Daher auch die Preise für Popcorn und Co.

      Allerdings zum Thema 3D : ich werde es nicht vermissen. Fande es immer anstrengend und überflüssig. Sah aus wie mehrere Ebenen im kasperle Theater 😉

      HFR wird sich hoffentlich durchsetzen. Zuhause ist 60fps technisch keine Herausforderung.

  3. HFR? …….. gehts hier um HFR?? ……. au jaaaa …….. ich …….. hier …….. hallo!

    HFR find ich riesig. Ich weiß zwar, dass es ein streitbares Thema ist, und etliche selbsternannte “Kino-Kenner” das Thema am liebsten gleich wieder beerdigen würden …… aber ich hab mir daran einen Narren gefressen! Mein erster Kontakt war damals der Hobbit im Kino. Ich weiß noch, wie viele der Besucher zuerst dachten: “Mensch, pennt der Filmvorführer? Der Streifen wird doch viel zu schnell abgespielt!” …… einfach weil das menschliche Augen solche smoothen Bewegungen in Filmen nicht gewohnt war. 10 Minuten später war man aber “synchronisiert” und hatte mit dem HFR gleich noch ein großartiges Zusatz-Feature zum eh schon guten Film!

    Beim Gemini Man hab ich es eigentlich gar nicht mehr so revolutionär empfunden. Keine Ahnung wieso. Aber ich finds optisch immer noch klasse, und würde mich freuen, wenn die Technik (und vor allem der Wille, es zu nutzen) seinen Durchbruch erfahren würde! Nachdem Sound, Kontrast und Bildauflösung schon alle auf den nächsthöheren Level gezogen wurden, wird es Zeit, dass die Bildfrequenz einfach nachzieht!

    Schöner Artikel ….. Danke an euch mal wieder!

  4. Hallo!
    Mir gefällt dein Artikel sehr gut.
    Ich bin der Meinung, dass man in Sachen HFR nachziehen muss. Gerade wenn man sich Filme auf neuen LG OLED Geräten anschaut, ist HFR und 4/8k absolut genial.
    Bei 24fps Filmen auf einem Top OLED erkennt man, dass die Tv Technik absolut nicht ausgereizt ist, im Gegenteil.
    LG

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